Das Troszczyner Hauland

Trotz aller Bemühungen, die Herkunft von Andreas Fogiel (Vogel), Joannis Fogiel, Georg Halamski und einiger anderer Siedler aus der Umgebung von Opalenica zu klären, ist dies bisher nicht gelungen. Es bleibt also nur, ausgehend von einer intensiven Literaturrecherche, der Versuch, die Entstehung des Troszczyner Haulandes in der Umgebung von Opalenica nachzuvollziehen. Dabei könnte vieles gegenwärtig als Spekulation abgetan werden, weil die schriftlichen Beweise fehlen. Allerdings werden wir ohne eine fundierte „Arbeitstheorie“ immer nur die „Nadel im Heuhaufen“ suchen.

Ich gehe bei meinem derzeitigen Kenntnisstand davon aus, dass die Ansiedlung der deutschen Kolonisten in der Umgebung von Opalenica ursprünglich auf die Initiative der Familie Opalinski zurückgeht, in deren Eigentum sich Stadt und Umgebung von 1445 bis 1775 befanden. Das Dorf Troszczyn wurde wahrscheinlich als Hauland um 1750 neu gegründet. In den Kirchenbüchern von Opalenica findet sich der erste Taufeintrag für Troszczyn mit Datum vom 23. April 1753. Getauft wurde Marianna, Tochter des Ehepaares Martin Zay und Barbara, einer der Taufpaten war Joannes Wolf.

Koßmann beschreibt in /1/ auf der Grundlage und am Beispiel von Ansiedlungsverträgen für Hauländereien im Raum Lodz, wie derartige Ansiedlungen wahrscheinlich vor sich gingen:
– Die Ansiedlung durfte nur auf Boden erfolgen, der unbesetzt und unbewirtschaftet war.
– Die Siedler mussten frei sein. Damit schieden die leibeigenen polnischen Bauern faktisch aus.
– Gegen Zahlung eines „Antritts- oder Grundgeldes“ wurde dem Siedler eine Hufe Land zugewiesen. 1 Hufe entspricht dabei 30 Morgen bzw. rund 18 ha. Die durch den Siedler zu zahlende Summe betrug etwa 2 Goldgulden, um 1750 entsprachen dem 8  polnische Zloty oder 240 polnische Groschen.
– Vorzugsweise sollten die Siedler katholischen Glaubens sein.

In Anbetracht des aus meiner Sicht erheblichen „Grundgeldes“ mussten die Siedler in ihrer ursprünglichen Heimat schwerwiegenden „Repressalien“ ausgesetzt sein, um das Risiko eines derartigen Neuanfanges außerhalb des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ auf sich zu nehmen. Es steht für mich auch außer Zweifel, dass einem solchen Entschluss umfangreiche Werbeversuche von Beauftragten der Familie Opalinski vorausgegangen sein dürften. Ob der Beauftragte als „Belohnung“ dafür bereits als Dorfschulze eingesetzt worden war, ist durchaus denkbar.

Als ursprüngliche Heimat der Siedler mit katholischer Konfession kommen wahrscheinlich vor allem Schlesien und Böhmen in Betracht. Beide Gebiete waren durch den 1. Schlesischen Krieg (1740 – 1742) sowie den Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) nicht nur wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Durch die Angliederung Schlesiens an Preußen sahen sich möglicherweise auch die Gläubigen der katholischen Konfession einem erhöhten Druck ausgesetzt.

Walter Maas gibt in /8/ einen weiteren interessanten Hinweis: Nach dem Ausbruch der Pest im Jahre 1709 im Posener Gebiet verödeten viele der zur Stadtkämmerei Posen gehörenden Dörfer. Für den streng katholischen Magistrat der Bischofsstadt Posen kamen jedoch nur katholische Siedler in Betracht, die man aus Franken, aus der Gegend von Bamberg und Scheßlitz holte. Die Ansiedlung dauerte im Minimum etwa 50 Jahre, laut Maas „ein Menschenalter“. In diesem Zusammenhang könnte auch die Schrift von Max Bär /10/ weitere Hinweise enthalten. Es wäre zu klären, ob in der Umgebung von Opalenica auch katholische Siedler aus Franken als Zinsbauern angesetzt wurden …
Ein sehr interessanter Text zu den „Bamberger Dörfern“ in der Nähe von Posen findet sich unter der Webadresse http://www.historisches-franken.de/auswanderer2/index.htm.

Für die Siedler waren sicher auch einige „logistische“ Probleme zu lösen. Es musste nicht nur Werkzeug am Siedlungsort zur Verfügung stehen, Verpflegung und Unterkunft mussten ebenfalls geklärt werden. Die Siedler werden wahrscheinlich keine Einzelpersonen gewesen sein. Ich sollte vielleicht davon ausgehen, dass Geschwister gemeinsam diese Herausforderung annahmen. Das würde das Auftreten mehrerer Personen mit gemeinsamem Familiennamen zum etwa gleichen Zeitpunkt plausibel erklären.

Auf folgende Literaturquellen wird Bezug genommen:
/1/ Koßmann, Eugen Oskar: Die Anfänge des Deutschtums im Litzmannstädter Raum. Holländer- und Schwabensiedlung im östlichen Wartheland. Verlag von S. Hirzel, Leipzig, 1942
/2/ : Maas, Walter: Mittelpolnische ‚Hauländereien‘. in: Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift in Polen, herausgegeben durch Deutsche Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft (Bromberg) – Heft 36, S. 39 – 61, Poznan, 1939
http://www.upstreamvistula.org/Publications/Pub_Item.php?pub_id=1068&searchstring=&todisp=&from_rec=101&to_rec=110
/3/ Maas, Walter: Die Posener Hauländereien. Posen: Verlag der historischen Gesellschaft für Posen, 1938.
http://www.worldcat.org/title/posener-haulandereien/oclc/459785958?referer=di&ht=edition
/4/ Breyer, Alfred: Kgl. Bestätigungsurkunde für einen „Holländer“ auf der Troschiner Kämpe 1778. in: Deutsche wissenschaftliche Zeitschrift in Polen, 1936, Heft 31, S. 228
http://www.kerntopf.com/dobrin/literatur/i_dwzp.htm#oben
/5/ Homepage von Uwe Kerntopf: http://www.kerntopf.com/dobrin/index.htm
/6/ Homepage von Gudrun Tabbert: http://hauland.de/
/7/ Geschichte der evangelischen Parochien in der Provin Posen
http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=127733&from=&dirids=1&ver_id=&lp=14&QI=FBAB319652D57E0D6F3D4A6BABD5B004-3
/8/ Maas, Walter: Beiträge zur Siedelungsgeographie des Posener Landes.  Teilausg., Berlin, Univ., Diss., 1927
/9/ Breyer, Alfred: Deutsche Gaue in Mittelpolen
/10/ Bär, Max: Die Bamberger bei Posen, Posen 1882